Gerecht ist sie, die stellvertretende Leiterin des ZDF-Hauptstadtstudios: Shakuntala Banerjee lässt keinen Gesprächspartner so schnell vom Haken, wenn er Fragen nicht beantwortet. Jörg Meuthen (AfD) nicht, Janine Wissler (Linke) nicht – und auch nicht Robert Habeck von den Grünen.
Mehrfach fragt sie zur Unfähigkeit der Saarland-Grünen, eine gültige Wahlliste aufzustellen. Sinngemäß: Wie wollen die Grünen ganz Deutschland umorganisieren, wenn sie noch nicht mal eine fehlerfreie Wahlliste erstellen können? Robert Habeck kontert erst mit „das ist vergossene Milch“, dann wird er ungeduldiger: „Ich habe es jetzt schon viermal gesagt: Es ist doof genug…“ Er will am liebsten inhaltlich nach vorne schauen, auf‘s Klima. Shakuntala Banerjee nicht.
Mehrfach fragt sie zu den Problemen, die Annalena Baerbocks geschönter Lebenslauf und die Plagiatsvorwürfe für den Wahlkampf aufwerfen. Auf „Baerbock, Baerbock, Baerbock“ antwortet Habeck mit „Klima, Klima, Klima“. Allerdings zunehmend genervt und kurz angebunden. Das sind die frostigen Momente im Sommer-Interview nahe Flensburg. Habecks Blick irrlichtert dann umher, nach links, nach rechts, auf den Tisch. Die Augen werden immer kleiner, die Lippenpartie fester. Bis endlich – Corona sei Dank – die Fragen zur Impfpflicht kommen. Da steigt die Gesprächstemperatur vorübergehend wieder etwas.
Genervtheit und Gereiztheit sind für mich nachvollziehbar, aber unnötig. Denn Habeck hat das rhetorische Repertoire, um das Gespräch sportlich-gelassen mitzugestalten. Er macht vieles richtig. Zum Beispiel wiederholt er die bösen Wörter aus den Fragen nicht. Banerjee sagt Dinge wie „beim Scheitern zuschauen“, „in den Umfragen abgestürzt“ und „Wahlkampf vermiest“. Habeck lässt diese Begriffe vorbeischwimmen. So verhindert er, dass die Worte durch Wiederholen noch verstärkt werden.
Er setzt auch deutliche Grenzen, will nicht bei jedem Gedanken unterbrochen werden. In der Flüchtlingsfrage erobert er das Wort im Rede-Duell mit Banerjee zurück. Es folgt eine längere Antwort.
Und was strategisch auch klug ist: Er redet die Situation im Saarland zu keinem Moment schön. Das tut ihm selbst und seiner Glaubwürdigkeit gut.
Ein Sommer-Interview ist kein „Wünsch-Dir-was“. Die Fragen kommen, wie sie kommen. Bei manchen Interviewern eben bohrender und hartnäckiger als bei anderen. Mit Blick auf den Endspurt im Wahlkampf rate ich nicht nur Robert Habeck zu einer Extra-Portion sportlicher Gelassenheit. Auch und gerade, wenn viermal das Gleiche gefragt wird.
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