Die Kraft guter Vergleiche

Um es gleich vorweg zu sagen: Vergleiche mit dem Wettbewerb sind hier nicht gemeint. Hier geht es um Vergleiche, die komplexe Sachverhalte leichter verständlich machen. Je komplexer das Thema, desto wertvoller ein Vergleich, eine Analogie.

Beispiel 1 kommt vom CEO Ola Källenius von Mercedes in der Wochenzeitung Die ZEIT:

„Autobau ist Zehnkampf. Du kannst nicht in allen 10 Disziplinen gleichzeitig Weltmeister werden, musst aber in der Summe gewinnen und natürlich in einigen der Beste sein. Wir sind zum Beispiel seit 70 Jahren führend in der Sicherheitstechnologie…“

Beispiel 2 liefert UN-Klimasekretär Simon Stiell auf der COP 28:

„Diese Konferenz muss einen Hochgeschwindigkeitszug liefern, um den Klimaschutz zu beschleunigen. Bei uns aber tuckert derzeit ein alter Bummelzug über wackelige Gleise.“

Beispiel 1 ist in einem Jahr mit Olympischen Spielen gut gewählt, finde ich.  Naja, und bei Themen rund um Bahn und Zug können ja sowieso alle mitreden. Das zeigt: Im allerbesten Fall sind Vergleiche eine Brücke in die Welt von Jedermann und Jederfrau. Das wird am folgenden Beispiel nochmal deutlicher.

Beispiel 3 stammt aus der Welt der Geldpolitik:

Es ist noch nicht lange her, da waren Inflation UND Zinsen extrem niedrig. Da machten sich Volkswirte große Sorgen. Die komplexe Frage: Wie kann ich die Inflation zumindest deutlich über Null halten, wenn ich die Zinsen nicht weiter senken kann? Inflation ankurbeln, aber in Maßen, das ist schwer – und viele Experten nutzten dafür den Vergleich mit der Ketchup-Flasche:

Dreht man die um, kommt erst mal eine Weile nichts. Dann schüttelt man ein bisschen, und plötzlich ergießt sich der Ketchup über den halben Teller. Und das will ja auch niemand, nicht beim Ketchup und auch nicht bei der Inflation.

Gerade der Ketchup-Vergleich zeigt: Je komplexer das Thema, desto mehr lohnt es sich, über leicht verständliche Analogien aus dem Alltag nachzudenken. Beim Vergleich macht es häufig „klick“, plötzlich verstehe ich, worum es wirklich geht. Vergleiche starten im besten Fall das Kopfkino mit Bildern aus der Alltagswelt. Dadurch ist es leichter, sich bestimmte Zusammenhänge zu merken und sie sogar einem Dritten weiterzuerzählen.

Als Trainerin gehören Vergleiche für mich zu den essentiellen „Zutaten“ guter Kommunikation. Und es ist mir ein Rätsel, warum viele Redner sie nicht häufiger einsetzen. Vergleiche gehören unbedingt in die Vorbereitung eines Medienauftritts oder einer öffentlichen Rede. Denn: In Stresssituationen fallen stimmige Vergleiche nur selten vom Himmel.

Häufig stammen gute Vergleiche aus dem Sport, aus dem Straßenverkehr oder aus dem Hausbau. Auch das Umfeld von Küche und Kochen ist beliebt. Hier ein Plakat aus der früheren XING-Zentrale in Hamburg:

„Für Passwörter gilt das Gleiche wie für Wochenenden: Je länger desto besser!“

Na, hat es „klick“ gemacht? 😊